Wir gehen mal die Sonne putzen

... eure Reiseberichte aus Spanien
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SuperDuty
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von SuperDuty »

Aufbruch nach Grazalema
Wir wollen wieder wandern. Dafür müssen wir natürlich in die Berge, diesmal wird es die Sierra de Grazalema sein. Dort soll es auch „Stellplätze“ geben und weil wir mehrere Wandertage einlegen möchten, beabsichtigen wir mit dem Concorde ins Bergdorf Grazalema zu fahren.

Doch wie kommen wir dort problemlos hin? Die Berge sind steil, Wege dorthin eng und kurvenreich. Wir wählen zur Anfahrt die kürzere Strecke von Osten über die A-372 direkt nach Grazalema, wo wir unsere Wanderungen machen wollen. Diese Strecke ist auf der Karte weniger kurvig und wie sich später rausstellt die bessere Wahl.
Da Anfahren am Berg nicht gerade zu den Stärken von unserem Agile-Getriebe zählt, fährt Monika auf der Bergstrecke mit dem Jeep und Anhänger ausnahmsweise mal hinterher.

Die Fahrt geht überraschend gut, ohne Jeep am Haken (2,5 to) wird unser Concorde fast zum Flitzer. Am ersten Parkplatz unterhalb des Dorfes Grazalema fahren wir vorbei, die nächsten beiden Parkplatz sind viel zu stark geneigt, auf dem vierten dürfen Wohnmobile nachts nicht stehen (ein Mini-Campingplatz ist gegenüber, bei dem wir nicht mal die Einfahrt passieren könnten) der nächste Parkplatz gefällt Gerd auch nicht und am beabsichtigten Wanderparkplatz dürfen wir nicht über Nacht bleiben, sagt der gerade anwesende freundliche „Ranger“, erklärt uns aber, wo der einzige, für uns ausreichend große Platz – sogar mit Wasser – ist = nämlich gleich unterhalb des Ortes – hihi – das hätten wir also viel einfacher haben können.
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Nun, der Platz ist schnell wieder erreicht, RV und Anhänger abgestellt, kurz die Aussicht bewundert, dann fahren wir mit dem Jeep nach El Bosque um das Permit für eine unserer Wanderungen abzuholen. Hier gibt es 4 Wanderrouten, für die man zwecks Limitierung der Besucher eine Genehmigung benötigt. Es ist sehr Ratsam, diese rechtzeitig vorher zu holen oder telefonisch zu reservieren, wozu Spanischkenntnisse unerlässlich sind.
Bei der Touri-Info bekommen wir nach viel Schreibarbeit der Angestellten den Antrag für die Genehmigung. Letztere müssen wir dann eine Straße weiter bei der Gemeindeverwaltung abholen. Was für ein Umstand! Was für ein Schreibkram! Kaum zu glauben, dass bei dem Verwaltungsaufwand noch immer 25% arbeitslos sind. Zu allem Überfluss lese ich später, dass wir die Genehmigung auch in Grazalema hätten bekommen können, aber so ganz sicher sind wir uns da doch nicht. . .

Die Entsorgungsstelle in El Bosce, die dort in der Nähe der Touristeninformation für Wohnmobile angeboten wird, wäre für uns übrigens deutlich zu eng und zu kurz. Das ginge nur mit seeeeehr viel Rangieren an einer Gefällstrecke und dann würden wir mit dem Ablass noch immer weit neben dem Bodeneinlass stehen. Es bestätigt sich immer wieder, Europa ist und bleibt halt ein Matchbox-Country. Aber wir müssen noch lange nicht Entsorgen, und so ist uns das relativ egal.

Später machen wir noch eine Dorfbesichtigung von Grazalema.
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Auf der Touri-Info wollen wir für den übernächsten Tag eine Genehmigung erbitten, um in der Garganta Verde, einer riesigen, grünen Schlucht, zu wandern. Leider sind für diese Woche schon alle Genehmigungen ausgeteilt. Sie sind zahlenmäßig beschränkt, u. a. weil dort Geier und Adler nisten, die durch allzu viel Trubel gestört würden. Schade, aber es gibt genügend andere Routen, vielleicht den Salto del Cabrero, wo sich angeblich ein liebeskranker Ziegenhirte hinunter gestürzt hat? Ich möchte noch Ziegenkäse kaufen, aber gerade wird ein Bus „Pensionistas“ (Rentner) entladen, die sich geschlossen auf das kleine Geschäft stürzen. Wir gehen erst mal einen Tinto de verano trinken und haben später den Laden für uns.
Was braucht man/frau mehr als Baguette, Rotwein und Käse? :f
SuperDuty
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von SuperDuty »

Ja, wir trafen kürzlich eine alleinreisende Schwedin, die in Langzeiturlauben um den Globus tingelt und diese Frau meinte, die wichtigsten 3 Dinge wären Handy, Internet und Creditcard. Damit, und insbesondere mit letzterem hat sie natürlich alles auf den Punkt gebracht. Auf dass immer genug Kohle auf dem Konto ist :-)
rittersmann
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von rittersmann »

Vielen Dank, dass Ihr uns an Eurer Reise teilhaben lasst. Tolle Fotos und genau so toller Text machen einfach Spass. Euer Bericht ist eine Wohltat bei dem Dauergrau am Himmel, was uns auch heute wieder heimsucht. Da besteht Hoffnung, dass wir dereinst auch einmal blauen Himmel für mehr als 2 Wochen erleben dürfen.
SuperDuty
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von SuperDuty »

Wanderung „El Pinsapar“
Der Dienstag (24.04.12) beginnt im Bergdorf Grazalema mit Morgennebel, welcher langsam aus dem Tal hochsteigt und der sich ab 10 Uhr auflöst. Der Blick aus unserer Frontscheibe sagt uns, es wird ein prima Wandertag.
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Wir starten zu unserer Wanderung „El Pinsapar“, zu den Igeltannen (Permit erforderlich). Zunächst fahren wir mit dem Jeep zum Wanderparkplatz an der Landstraße C 9104 Richtung Zahara. Heute ist kein Ranger da, der unsere Genehmigung kontrollieren könnte, wir hätten glatt ohne starten können. Nach einem kräftigen Aufstieg durch einen aufgeräumten und herrlich duftenden Pinienwald auf einem gut sichtbaren und markierten Weg erreichen wir nach mehr als einer Stunde den 1300 m hoch liegenden Puerto de la Cumbres.
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Wir sind heute beide nicht so recht fit. Im Reiseführer stand etwas von 40 bis 45 Min. Früher – ja früher – waren wir immer schneller als im Wanderführer angegeben. Von hier oben haben wir einen wundervollen Rundumblick, auf Grazalema, wo unser RV steht, und auf den höchsten Gipfel des Parks, den Pico de Torreón und in weite Fernen.
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Ein Stück weiter des Wegs erkennen wir in weiter Ferne an dem Kastell über Zahara de la Sierra sogar den Stausee, an dem wir das vergangene Wochenende verbracht haben. Wir machen erst einmal eine Pause, bis wir auf relativ ebenem Weg zu den Igeltannen kommen, die es angeblich sonst nirgends auf der Welt gibt. Diese Tannen sind quasi lebende Fossilien, denn es gab sie bereits im Tertiär (= vor 65 – 2,5 Millionen Jahren. Das Klima auf der Erde war im Tertiär wesentlich wärmer als heute, es entwickelte sich hauptsächlich im Tertiär die Tier- und Pflanzenwelt, wie wir sie heute kennen.)
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Unter die Tannen mischen sich wilde Oliven, Ginster, Oleander, Kreuzdorn, Zistrosen, und immergrüne Eichen. Am Wegesrand blühen überall kleine Kunstwerke, wie z. B. diese gelben Narzissen, welche so klein wie Gänseblümchen sind.
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Gerd freut sich, dass er Griffon-Geier fotografieren kann, die in großer Höhe ohne einen Flügelschlag ihre Kreise ziehen. Bis zu 5 Stück sind gleichzeitig zu sehen.
Die Körperlänge dieser beeindruckenden Vögel beträgt bis zu 110 cm, die Spannweite bis zu 270 cm. Die Tiere wiegen bis zu11 kg. Die Nahrung besteht ausschließlich aus Aas toter Nutztiere, von Schafen und Ziegen bis hin zu Rindern und Pferden. Auf der Nahrungssuche entfernen sie sich bis zu 60 km von ihrer Kolonie. Am nächsten Tag werden wir sie noch besser zu Gesicht bekommen.
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Die vielen bunten Schmetterlinge lassen sich gar nicht nieder. Sind wohl kamerascheu. Der Weg würde jetzt wieder bergab ins nächste Dorf führen, von wo man mit dem Bus zurückfahren kann, aber wir gehen lieber wieder zurück und genießen nochmal den Pinienwald, der wie ein Sauna-Aufguss duftet. So kommen wir auch auf unsere 10 km, und das reicht uns für heute. Morgen wollen wir ja auch wieder wandern. Vor dem Abstieg genießen wir nochmal die Aussicht. Das Bergdorf in der Bildmitte ist Grazalema.
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Der Weg führte vorbei an Getränkedosen, Papiertüchern, Stanniolpapier, Orangen- und Bananenschalen. Gut, im Vergleich zu den andalusischen Stränden ist es hier richtig clean, im Vergleich zu Hiking in US-Nationalparks schmutzig.
„Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“
(Sören Aabye Kierkegaard)
Wenn der Weg aus felsigen, schmalen Bergpfaden besteht, ist es leider unumgänglich genau hinzuschauen, wohin man den nächsten Tritt setzt, und dabei fällt das Ausblenden einfach schwer ;)
SuperDuty
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von SuperDuty »

„Salto del Cabrero“
Ein Blick aus unserer Frontscheibe bestätigt es, Grazalema liegt in der Morgensonne, wir bekommen wieder einen wunderschönen Tag.
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Gerd möchte heute (25.04.2012) unbedingt zum „Salto del Cabrero“ gehen, einem Felsen, von dem sich angeblich ein Ziegenhirte aus Liebeskummer gestürzt hat.
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Das ist zwar eine äußerst reizvolle Wanderung, dauert aber laut Reiseführer vier Stunden = drei Stunden bis zum Felsen, eine weitere Stunde bis zur nahe liegenden Ortschaft, von wo man mit dem Bus zum Startpunkt zurückfahren könnte. Gerd möchte aber nicht Bus fahren, sondern den Weg auch zurückgehen.

Angesichts unserer mangelnden Fitness finde ich die Idee nicht gut und schlage eine andere, leichtere Tagestour vor. Wir einigen uns schließlich darauf, dass wir uns die erste halbe Stunde der Wegstrecke ersparen, indem wir mit dem Jeep auf einen zweiten Wanderparkplatz fahren und von dort losgehen.
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Das Wetter ist prima. Der Weg hat keine extremen Steigungen, aber lang ist er, sehr lang. Wir durchqueren das Gelände von einer großen Finca mit hunderten von Ziegen, großen Ziegen in allen Schattierungen. Kuhglocken, Vogelgezwitscher und Bienchengesumse begleiten uns.
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Wir bewundern uralte Steineichen,
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große Ameisen
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sich sonnende Eidechsen
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und bizarre Felsformationen, zwischen denen zu unserer großen Überraschung wilde Pfingstrosen blühen.
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Der Pfad ist immer gut erkennbar gekennzeichnet. Leider laden die Felsen nicht unbedingt zur Rast ein. Nach drei Stunden erreichen wir endlich den „Sprung des Ziegenhirten“, einen ca. 80 m tiefen und ca. 50 m breiten Einschnitt zwischen zwei Felsen. Diese entstanden aus einer großen Felsenklippe, welche sich in grauer Vorzeit spaltete.
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Geier kreisen am Himmel. Sie nutzen die Winde so genial, dass sie keinen einzigen Flügelschlag benötigen. Auch heute konnten wir wieder bis zu 5 dieser majestätisch fliegenden Vögel beobachten. Das folgende Bild wurde allerdings aus mehreren Fotos zusammengefügt.
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Nun, Felsen beeindrucken mich überhaupt nicht,
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wohl aber die herrlichen Aussichten bis zu den Stauseen in der Ferne und immer wieder die winzigen, leuchtenden Leberblümchen, die Mini-Löwenmäulchen, die kleinen Milchsternchen und all die Miniaturblümchen, die so zahlreich auf den Weiden verstreut blühen und duften.
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Alles in allem war das trotz der Anstrengung eine ganz wunderbare Wanderung.
SuperDuty
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von SuperDuty »

Rio Majyceite
Monika schreibt:
Am 26.04.2012 wird die Bachwanderung gemacht, die ich vorgeschlagen habe, mit der kleinen Änderung, dass wir – um Fahrerei zu sparen – den Weg andersrum gehen, d. h. zuerst runter und dann hoch. Egal, heute bin ich fit. Da macht das nix. Wir packen unseren Proviant in den Rucksack und fahren nach Benamahoma, von wo es losgeht. Noch ist der Ort wie ausgestorben, denn heute sind wir relativ früh dran.
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Wir finden den Einstieg und sind begeistert ob der Blütenvielfalt, vor allem aber über den Nachtigallengesang, der uns die ganze Zeit (4 Std. Gehzeit) begleitet.
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Unterwegs kommen wir an verfallenen alten Gebäuden vorbei. Dieses scheint mal eine Mühle gewesen zu sein.
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Der Weg ist über weite Strecken sehr schmal, manchmal wie ein Bergpfad.
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und führt immer wieder über den Rio.
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Die zahlreichen Feigenbäume am Bachlauf überraschen uns. Sie hängen übervoll mit Früchten.
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Wir gehen 4,2 km entlang des Rio Majaceite, was wenig erscheint, wenn man nicht das Rauf und Runter bedenkt, und 4,2 km zurück, nun mehr oder weniger bergauf. „So viele Treppenstufen hatte ich gar nicht in Erinnerung“, meint Gerd auf dem Rückweg. Heute macht ihm das Kindergeschrei von den Schulklassen, die auch den Weg gehen, nichts aus.
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Sogar eine Busladung Frauengemeinschaft begegnet uns. Sie alle gehen den Weg von oben nach unten und nehmen dann wieder den Bus.
Die Liste der Fundstücke am Wegesrand muss im Vergleich zum El Pinsapar leider deutlich erweitert werden um Apfelschalen, Bonbonpapier, PET-Flaschen, Tüten von Bonbons und Chips, sowie deren Inhalt usw.
SuperDuty
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von SuperDuty »

Bandoleros
Während im Dland schönstes Wetter ist, wurde für weite Teilen Spaniens Regen angesagt.
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Bergwanderungen sind momentan nicht möglich. Also beschlossen wir einen Ausflug nach Ronda zu machen. Ein Stadtbesuch ist bei Regen optimal, denn dann sind nicht so viele Touris unterwegs. Hier der Plaza del Socorro
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Ronda ist über 2000 Jahre alt und liegt mit seinen gut 36.000 Einwohnern in den Bergen des südlichen Andalusiens, nur 55 km von der Costa del Sol und etwa 100 Kilometer nordöstlich von Gibraltar. Das Gebiet um das heutige Ronda war schon in der Altsteinzeit besiedelt. Nach Kelten und Phöniziern kamen irgendwann auch die Römer und bauten auf dem Felsplateau von Ronda den Ort Laurus. Später kamen die Mauren, der Ort wurde Provinzhauptstadt, die heute noch teilweise vorhandene Stadtmauer wurde in der Zeit errichtet, das Tor Almocabár ist noch gut erhalten. Ronda war zu dieser Zeit ein wichtiges kulturelles Zentrum von "Al-Andalus", reich ausgestattet mit Palästen und Moscheen. Erst im Jahre 1485 eroberten auf grausame Weise „christliche“ Könige Ronda, rissen natürlich auch hier, wie schon gewohnt, das Maurische nieder und bauten auf den Mauern islamischer Moscheen ihre christliche Kirchen und Klöster.

Der Altstadtkern mit maurischen Relikten und mittelalterlichen Zeugnissen befindet sich südlich des Guadalevín. Die Mehrzahl der Sehenswürdigkeiten befindet sich in der Altstadt, weshalb wir, nein ich, dort auch möglichst zielstrebig hin wollte, jedoch durch einen Shoppingabstecher von Monika aufgehalten wurde. Ein T-Shirt für das Enkelkind musste noch her, der passende Laden war auch schnell gefunden, und dann kam es mir vor, als müsse das T-Shirt dort erst noch genäht werden. Aber dann ging es weiter, zur Stierkampfarena, denn dort ist auch die Touri-Info.

Ein Opfer:
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Der Gefeierte eines völlig unfairen Schauspiels:
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Ausgerüstet mit einem Plan ging es auf der Stadtmauer entlang über die Neue Brücke und in die Altstadt. Von hier aus gibt es einen Abstieg zu einem schönen Mirador mit Blick auf die Schlucht und die neue Brücke. Ein Wahrzeichen von Ronda, die „Neue Brücke“, wurde im 18. Jahrhundert erbaut. Sie verbindet die Altstadt La Ciudad mit den neuen Stadtteilen über die Schlucht El Tajo. Diese Schlucht wurde in Jahrtausenden vom Fluss Guadalevin ca. einhundert Meter tief in die Felsen geschnitten. Der „Fluss“ ist heute jedoch nur noch ein stinkendes Rinnsal und je nach Windrichtung bekamen wir üble Düfte in die Nase. Die Neue Brücke überspannt die Schlucht an der tiefsten und breitesten Stelle. Im 16. Jahrhundert scheiterten mehrere Bauversuche. 1735 wurde sie nach angeblich 8 Monaten Bauzeit zum ersten Mal fertig, stürzte jedoch 1741 wieder ein. Die heutige Brücke ist 98 Meter hoch und wurde nach 42 Jahren Bauzeit 1793 fertig. Im Inneren befinden sich Räume, welche lange Zeit als Gefängnis dienten.
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Ein kleiner Tagesausflug reicht für Ronda natürlich bei weitem nicht aus, weshalb die Liste dessen, was wir in Ronda nicht von innen gesehen haben auch lang ist, z. B. die Santa María la Mayor-Kirche, das Minarett des Heiligen Sebastian, den Palast von Mondragon, das Nationalmuseum, den "Maurische Königspalast", den Palast der Riesen, das Städtische Museum, das Museum von Lara, das Weinmuseum, das Jagdmuseum, das Museum von Peinado, die Stierkampfarena, ein gutes Dutzend weiterer Kirchen und Klöster, etliche Gebäude neueren Datums, kein Hotel und keine Restaurants.

Aber wir gingen über die Alte Brücke. Diese überspannt die Schlucht in 30 m Höhe und wurde bereits von den Mauren erbaut.
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Das arabische Stadttor ersetzte man damals durch einen Torbogen.
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Von hier hat man einen schönen Blick auf die Kirche des Heiligen Geistes.
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Und die Santa María la Mayo. Der Glockenturm wurde auf den Fundamenten eines Minaretts errichtet. Im Inneren blieb auch noch die Gebetsnische erhalten. Eine Besonderheit stellt der doppelgeschossige Balkon an der Außenseite der Kirche dar, von dem aus Würdenträger den Wettkämpfen auf dem Platz vor der Kirche folgen konnten. Sehr verschwenderischer Goldschmuck ziert den Hauptaltar des Gotteshauses, eine Machtdemonstration.
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Den maurischen Palast hat man leider ganz schön verfallen lassen.
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Ja und dann kamen wir zu den Bandoleros.
Im 18. und 19. Jhd. ging man ihnen besser aus dem Weg - Spaniens berühmten Straßenräubern, den Bandoleros. Unzählige Sagen und Legenden ranken sich um die Banditen. Während wohlhabende Reisende vor ihnen zitterten, sahen die Ärmeren in ihnen Freiheitskämpfer und Wohltäter. Einer der berühmtesten Bandoleros war El Tempranillo, er wird noch heute jedes Jahr in Grazalema gefeiert.
Wir bekamen „hautnahen“ Kontakt mit ihnen im "Museo del Bandolero" Dies ist ein in Spanien einzigartiges Museum, welches den Banditen gewidmet ist, die früher die Gegend um Ronda unsicher machten.
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Angelika
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von Angelika »

Ach war das wieder schön, die Bilder sind so vielfältig, man erfährt viel über Land und Leute . Nochmal vielen Dank dafür
SuperDuty
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von SuperDuty »

Platzwechsel
Wir standen eine Woche in Grazalema, hatten die letzten 3 Tage z. T. Regen und die Wetteraussichten waren wechselhaft.
Wir möchten sowieso an den Golf von Cádiz, also nutzen wir den Tag der Arbeit und packen es an.

Von Grazalema (805 m) müssen wir erst noch auf 1100m, bevor es jenseits des Passes nach In El Bosce hinunter geht. Da wir die Bergstrecke mit RV und Jeep getrennt fahren, möchten wir in El Bosce ankoppeln und Verladen.
Leider stehen dort zu viele kleine Wohnmobile und ein Reisebus, sodass wir erst ein Stück später den Jeep auf den Anhänger laden können. Dafür haben wir in der Mini-Entsorgungsstation in El Bosce noch unsere Tanks entleert. Es ging leidlich, die Entsorgungsstation ist halt nichts für größere Fahrzeuge. Zudem ist der Wasserhahn derart ungeschickt montiert, dass er mit Sicherheit jede Menge unserer netten, rücksichtsvollen Camperkollegen dazu verleitet, den Wasserhahn ganz tief in den Rüssel ihrer Chemotoiletten einzutauchen, ein schöner Schitt!

Die Weiterfahrt war jedoch super, das Wetter ebenso, leider verpassten wir trotz 16,5 Zoll Navigationsmonitor 2 mal die Abfahrt zu dem geplanten Stellplatz. So mussten wir im großen Bogen um unser Ziel herumfahren, und beim 3. Anlauf klappte es. Wir stehen wunderbar in der Pampa, die nächsten Siedlungen sind km-weit entfernt, keiner sieht uns, und wir sehen auch niemanden, fast niemanden:
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Denn in der Dämmerung kommen vom benachbarten, unbebauten Grundstück die Kaninchen heraus. Wir beobachten sie, das ist besser als jedes TV-Programm.
In unserer Nachbarschaft befindet sich Spaniens High Tech Industrie, Alestis – Aerospace, Airbus Military, CARBURES EUROPE, GrupoTAM und weitere. Außer der Guardia Civil sorgen noch private Security-Dienste für unsere Sicherheit. Hier können wir sorglos schlafen und unser RV den ganzen Tag alleine lassen.

Nach unserem verspäteten Frühstück starten wir gleich zu einer Erkundungsfahrt Richtung El Puerto de Santa Maria. Dieser Ort und auch der nächste, Rota, gehört ganz und gar nicht zu der Sorte, welche uns begeistern kann. Alles auf Touris getrimmt, der ganze Strand ist mit Hotelanlagen, Ferien- und Zweitwohnungen zugebaut, in denen auch heute, am 1. Mai tote Hose ist. So gepflegt die Anlagen auch alle aussehen, aber solche Geisterstädte mögen wir nicht.

Nördlich von Rota machen wir jedoch eine kleine Pause am schönen Sandstrand, an dem zu unserem Glück auch nicht viel los ist. In der Hauptsaison möchten wir in dieser Ecke nicht sein. Zum Meer hin liegt viel Seetang am Strand, das stört zwar so manchen Angler, aber uns nicht, denn das Wasser ist sowieso noch zu kalt.
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Wir fahren in Strandnähe nach Chipiona. Das ist zwar auch ein Ort mit vielen Hotels für Touristen, aber das ist noch ein Ort, in dem Spanier leben, wo es ganz viele Geschäfte und Bars für Einheimische gibt, ein großer Ort mit dörflichem Charakter, ohne die ganz großen Bettenburgen, ohne zubetonierten Strand, fast noch ein andalusisches Dorf. Das gefällt uns, das ist unser Geschmack.
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DSC_1210PS Leuchtturm http://up.picr.de/10443176xq.jpg
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Aber auch hier dürfte die Welt nicht ganz so in Ordnung zu sein, wie es auf den ersten Blick scheint – Corrupcion wurde auf die Mauer vor einer Baulücke gesprüht.
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Mit so einem ganz kleinen „Se Vende“ Schild (zu verkaufen) am Haus fängt es an. . .
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Und solche Schandflecke kommen dann dabei heraus – Corrupcion?
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Trotzdem, mit diesem Ort Chipiona werden wir uns noch näher beschäftigen.
SuperDuty
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Re: Wir gehen mal die Sonne putzen

Beitrag von SuperDuty »

Überraschungen und Problemlösungen
Monika schreibt: Am 04.05.2012 soll es regnen … tut es aber nicht, vielleicht weil wir Regenhose und –jacke angezogen und damit den Regen vertrieben haben?
Wir fahren zuerst einmal zur Wäscherei in Sanlúcar de Barrameda, unsere Wäsche abholen.
Danach gehen wir am Strand entlang bis zur Mündung des Guadalquivir, wo wir unser Picknick machen. Zwischen dem Playa de la Piletas und dem Playa de la Calzada ist ein Festplatz, der als Wohnmobil-Stellplatz beschildert ist. Der Platz wäre super, ausreichend groß und auch durch breite Straßen anzufahren … und dann auch noch mit Blick aufs Meer. Leider werden auf dem Platz gerade Festvorbereitungen getroffen, sodass es vorerst keinen Sinn macht, hierher zu wechseln.

Nach dem Picknicken fahren wir weiter am Guadalquivir entlang, durch Bonanza, vorbei an den Salinen und an den Fischerbooten, welche die Restaurants mit den berühmten Hummerkrabben (Langostinos) versorgen, bis zum Parque Natural Entorno de Doñana.
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Ich finde es schrecklich öde und langweilig, mit zehn Stundenkilometern durch den Schirmkiefernwald zu fahren - schneller geht bei der heftigen Schlaglochpiste einfach nicht und trotzdem werden wir dabei ordentlich hin und her geschüttelt. Bis auf zwei Greifvögel sehen wir kein Tier und auch keine Menschen. Weiter am Fluss entlang werden wir allerdings durch den Blick auf ganze Flamingo-Familien belohnt. Hier sind sie also ganz nah, und wir hatten sie kürzlich an der Laguna de Fuente de Piedra kaum zu Gesicht bekommen, soweit waren sie dort hinter Absperrungen versteckt.
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Es gibt hier etliche, uns unbekannte Wasservögel – vielleicht ist das ein Löffelreiher? Jedenfalls sieht sein Schnabel am Ende so aus - der Arme.
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Eine Kuh mit ihrem Kälbchen schaut ganz neugierig.
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Die Pferde und die Schafe von der kleinen Farm werden mit Mohrrüben gefüttert, die hier wohl im Überfluss angebaut werden. Das Fohlen hält sich aber lieber noch an die Muttermilch.
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Das flache Land ist so gar nicht mein Fall, aber die Blümchen ziehen mich an. Heute ist es ein Strauß aus dunkelblauer Spanischer Jungfer (ähnlich unserer Jungfer im Grünen) und weißer Hundskamille, und einen Zweig leuchtend blauer Pimpernelle nehme ich auch noch mit.
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Wir haben auch wieder einen wichtigen Trip ins Dland vor uns. Von Jerez de la Frontera geht es in den nächsten Tagen mit Ryanair in den kühleren Norden.
Leider gibt es in Jerez keine privaten Parkservices, wie sie z. B. in Málaga zahlreich vorhanden sind. Die Parkmöglichkeiten am Flugplatz sind nur für kleine Fahrzeuge gemacht, mit einem richtigen Auto hätte man bereits Probleme. Unsere Nachforschungen nach einem sicheren Abstellplatz für unser 15-m-Gespann blieb erfolglos – erfolglos, bis wir zufällig vor einem Autovermieter mit Herz anhielten und aus einer Laune heraus die spanische Mitarbeiterin nach einer sicheren Abstellmöglichkeit fragten. Sie telefonierte herum und ihr amerikanischer Kollege brachte uns prompt zu einer Venta in der Nähe des Flugplatzes – zu einer Venta!. Nach einem kurzen Gespräch mit den Besitzern hatte der Amerikaner alles für uns geregelt. Auf dem Parkplatz hinter dem Haus können wir unser Gespann abstellen. Oh, oh, wenn das mal gut geht.
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Nachdem wir mit dem Amerikaner wieder zu unserem Auto zurückgefahren waren, beschlossen wir nochmals zu der Venta zu fahren um den Stellplatz in Ruhe anzusehen. Wir aßen dort erst mal zu Mittag, unterhielten uns lange mit dem älteren Ehepaar, den Eigentümern, sie erzählten uns ihre Geschichte, wir ihnen unsere. Die beiden waren einfach nur herzlich und nett. Der Preis war fair, beide wohnen in dem Haus und werden ein wachsames Auge auf unser rollendes Casa de Pensionistas haben, na denn.

Als wir dann wie vereinbart einige Tage später mit Concorde und Jeep am Haken auftauchten, schauten die Besitzer des Lokals nicht schlecht. So groß hatten sie sich das Wohnmobil nicht vorgestellt, aber „sin problemas“. So können wir dann sorgenfrei zum Flieger gehen.
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