207- Der Winter holt uns in Vic ein.....jpg
208- Wegen genau DIESEM sind wir nach Spanien geflohen.....jpg
Ziehe das Verdunklungsrollo kurz noch weiter runter, um es sofort ganz hochzureissen. Kann doch nicht sein. Alles weiss. Reif. Schlimmer, böser, kalter, eisiger Reif. Böse Sache. Pah. Heizung auf. Brave Heizung, sie heizt. Wieder rein ins Heiakuschi. Dauert ca. 15min, bis ich „aufstehbare“ Raumtemperatur habe und mich um frühstückliche Heissgetränke kümmern kann.
Gestern abend hatten wir noch ausgemacht, dass wir heute noch einen Tag an der Küste auskosten wollten. Platja D'Aro war der Ort des Begehrens. Ina navigiert ja beinahe ausschliesslich mit ihrem Tabletten-PC, ich bin ja mehr der Quadratmeterlandkarten-Typ. Und genau eine solche studiere ich, als ich mit meinem Käffchen im Bademantel am Tischchen sitze und die Sache nochmals überprüfe und mir meine weitere Vorgehensweise überlege. Und mir gewahr wird, dass wir ja – wo wir doch eigentlich schon auf dem Rückweg sind, wieder andersrum fahren würden. Viel einfacher wäre es, über Olot und Figueras raus nach Roses oder so zu fahren. In Empuriabrava sollten wir doch ein Fleckchen am Strand finden, wo wir den letzten Tag in Spanien zubringen könnten. Gesagt getan.
Unterwegs wird noch getankt und eingekauft, aus Jux und Tollerei überprüfe ich mal meine Wasservorräte und stelle fest – null – der Boiler hatte in der kalten Nacht aufgemacht und alles ausgelassen. Na sowas. Jetzt habe ich nur nicht wenig Strom und kein Gas, sondern auch noch kein Wasser. Egal, bin ja sauber geduscht, und kann auch mit Wasser aus der großen Mineralwasserflasche leben. Schaumermal, wird schon, wird sich alles finden. Nur keine Panik.
Erst mal einen schönen Platz suchen am Meer – und dann wird auch „was“ gefunden. Genau sowas, wie ich mir für meinen letzten Spanien-Nachmittag vorgestellt hatte. Straße am Strand, dahinter anrollende Mittelmeereswellen mit Geräusch (ich liebe ja das Meeresrauschen unbandig, wenn ich im Wohnmobilbettchen liege), Sonne, alles gut. Setze mich mit meiner großen Teetasse in die Sonne und lese in meinem Buch, Willi döst in derselben (Sonne, nicht meiner Teetasse....), Ina räumt das Wohnmobil aus und ein und wasweissichnoch. Später kommt ein kalter scharfer Wind auf – ich lade das Rad ab und radle mal auf Erkundungstour los.
209- Schöne Ferienhausanlagen mit Anlegestellen und Kanälen davorund dazwischen.jpg
210- Wirklich schöner Ferien-Ort - Empuriabrava.jpg
Vielleicht könnte man später zum Essen gehen – aber GEHEN ist schwierig, die Lokale beginnen ab 2km. Das ist heute nicht erwünscht. Naja, macht ja nichts. Aber hier innerhalb der Bebauung der wirklich nett gestalteten Ferienanlagen, die mit Kanälen, auf denen die Boote der Ferienwohnungsbesitzer liegen, wirklich wunderschön gestaltet, - ist gar kein Wind mehr. Es gibt ein Lokal, das mein Interesse weckt. Da sitzen doch die Leute tatsächlich wieder hemdsärmelig. Da muss ich hin. Schon sitz ich da und reisse mir meine Jacke vom Leib, bestelle mir ein Cervesa – und die Nachbarn essen – ganz was Perverses, was ich Jahre glaube ich nicht gegessen habe – eine Currywurst aus einer Thüringer Bratwurst. Paaaaaaaahhhhhhhhh. Dazu Pommes. Muss ich haben. Auch noch ein Cervesa bitte, ist eh bloss max. 0,125l – und dann noch eins. Es setzen sich zwei Männer zu mir an den Tisch, weil ich am „besten“ Sonnentisch sitze. Gespräch entspinnt sich. Auswanderer, Deutsche, der eine seit 12, der andere seit 7 Jahren da, der 12-jährige spricht so gut wie kein Spanisch – hopperla......... ?????? Der 7-jährige leidlich – aber – sie arbeiten noch, sind also keine Pensionäre, die hier nichts mehr zu tun haben. Wie geht das? Interessiert..... blablabla...... ja, also – die Ferienhäuser bräuchten alle ja G-W-S (für nicht-Eingeweihte: Gas-Wasser-Scheisse, also Sanitärinstallationen) und das würden sie machen. Dazu Fliesenarbeiten etc. Es gäbe viel zu tun, ja, hier sei wirklich eine deutsche Ecke, was weiter unten nicht mehr so wäre – ja, die Deutschen würden weniger werden – blablabla...... nett und auch interessant und aufschlussreich. Bin fast geneigt, mir noch eine Cervesa zu bestellen, aber die Frau vom Nachbartisch, die dort mit ihrem Mann sitzt und die mich schon so komisch angeschaut hatte, als ich allein zielstrebig in das Lokal gekommen war, schaut jetzt noch komischer. Nicht deswegen, sondern weil es auch auf „Sonnenuntergang über dem Meer – Klappe – die letzte“ zugeht, radle ich zurück. Ina und Willi haben sich eben gerüstet, sich ein Plätzchen für eben dieses Unterfangen zu suchen – ich verspreche, nachzukommen. Lade das spanische „Orbea-“Rad auf den Radträger am Kästchen. Dies hat nun fast 300km auf dem Tacho – hat sich doch gelohnt, es gekauft zu haben, auch wenn es noch optimiert werden muss. Ich hätte viele Dinge gar nicht erleben können ohne dieses Rad. Schön. War eine gute und richtige Entscheidung. So muss das sein.
Ich präpariere meinen Rucksack mit einer halbleeren Rotweinflasche, hole die Picknickdecke aus dem Stauraum – und gehe hinaus zum Leuchtturm, in dessen Richtung die beiden entschwunden sind.
Dort eben wieder „See glättet die Seele“ - das Licht wird milder, die Bierflaschen von Ina und Willi leer, der Hunger der beiden offenbar größer, sie gehen zurück, meine halbe Rotweinflasche hat noch Ressourcen für Sonnenuntergang am Meer, die Seele glättet, alles ist gut.
Es ist alles gut.
Es war eine Reise, die mich hat „ankommen“ lassen.
Ich fühle mich beseelt, glücklich, gestärkt, vor allem mal wieder „gestärkt“. Ich habe gelernt, Abstand zu bekommen – auch wenn Probleme sind, nicht zu verzagen, alles löst sich. Irgendwie. Und es geht immer weiter. Aber das wusste ich ja aus leidvoller schmerzhafter eigener Erfahrung schon.
Sich nicht wichtig nehmen, ist wichtig.
Negative Gefühle nicht überhand nehmen lassen, darüber stehen.
Auch habe ich das ja schon in meinem Job gelernt, auf den ich mich jetzt wieder freue.
Eigene Interessen und Bedürfnisse zugunsten der Gäste zurückschrauben.
Hunger, Durst, Klo – erst die Gäste, dann Du. So ist das, wenn man mit Menschen arbeitet. Es ist einem NICHTS Menschliches fremd. Freue mich auf meine neue (bezahlte) Reisesaison........
Und eine gute liebe alleinreisende Wohnmobilistin möchte mit mir im Februar nach -------------------------------------------- Spanien.
Was tun. Schaumermal. Ich schreibe ihr – lass mich mal gut heimkommen und ankommen daheim,