eben bekommen:
Sehr geehrter Herr ,
vielen Dank für Ihre E-Mail, die uns zur juristischen Bearbeitung weitergeleitet wurde.
Die von Ihnen erworbenen Reifen, die knapp 4 1/2 Jahre alt sind, hätten nach unserer Auffassung nicht mehr als Neureifen veräußert werden.
Über die Frage, wie alt neu gekaufte Reifen sein dürfen, entschied das AG Worms bereits 1992 (DAR 1993, S. 303). Danach sind Reifen nach einer Lagerzeit von zwei Jahren nicht mehr fabrikneu, der Käufer kann diese somit wegen der fehlenden Neuwertigkeit zurückgeben und den Kaufpreis zurückverlangen. Das Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass bei einer Lagerzeit von zwei Jahren physikalische Veränderungen am Reifenmaterial eintreten können, welche die Verkehrstauglichkeit beeinträchtigen.
Das Amtsgericht Krefeld hat jedoch im Jahr 2003 (Az. 82 C 460/02) entschieden, dass ein Neureifen nicht deshalb einen Sachmangel aufweist, weil er ca. drei Jahre gelagert wurde. Auch ein Reifen, der fünf Jahre ordnungsgemäß gelagert wurde, könne als Neureifen verkauft werden. Im vorliegenden Fall stammten die Reifen aus dem Jahr 1999 und waren somit zum Zeitpunkt des Verkaufs älter als drei Jahre. Diesen Umstand allein sah das Gericht nicht als Sachmangel an. Hierzu hätten die Reifen aufgrund der langen Lagerung physikalische Veränderungen dergestalt aufweisen müssen, dass sie in ihrer Verkehrstauglichkeit beeinträchtigt wären, wovon der Sachverständige jedoch nicht ausging. Nach seiner Einschätzung könnten Reifen sogar bis zu fünf Jahre als Neureifen verkauft werden, wenn sie sachgerecht gelagert werden.
Auch der BGH befasste sich im Jahr 2004 (Az: VIII ZR 386/02) mit einem Fall, bei dem die Reifen eines Ferraris mit einem Alter von 5,5 Jahren beim Verkauf montiert wurden und sodann ein Reifenplatzer einen Unfall verursachte. Der BGH hat festgestellt, dass die Reifen überaltert und für die Geschwindigkeiten bis 295 km/h nicht mehr geeignet waren.
Unabhängig davon, ob der Verkauf und die Montage von Reifen bis zu einem Alter von fünf Jahren technisch unbedenklich sind, dürfen wirtschaftliche Komponenten nicht außer Acht gelassen werden. Dort setzt das Urteil des AG Hamburg vom 23.07.2007 (Az. 5 C 99/06) unter Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur Neuwageneigenschaft an. Denn ein Fahrzeug weist keine technischen Mängel nur dadurch auf, dass zwischen Herstellung und Verkauf des Kfz mehr als zwölf Monate liegen und damit die Neuwageneigenschaft verloren geht. Der BGH machte in seinen Entscheidungen aber deutlich, dass nach der Verkehrsanschauung die Lagerdauer für die Wertschätzung eines Kfz von wesentlicher Bedeutung ist.
Das AG Hamburg greift genau diesen Gedanken auf, in dem es eine dreijährige Lagerdauer von Reifen wegen der „nicht unerheblichen Auswirkung auf die weitere Lebensdauer und den Wiederverkaufswert“ als Sachmangel ansieht. Auch das AG Starnberg bestätigte am 16.12.2009 (Az. 6 C 1725/09), dass es auf den Herstellungszeitpunkt als maßgeblich wertbildenden Faktor ankommt, womit Reifen mit einem Alter von 2 Jahren 4 Monaten und 3 Jahren 3 Monaten nicht mehr als Neureifen anzusehen waren.
Wir hoffen, Ihnen mit diesen Informationen behilflich gewesen zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Döll
Juristische Zentrale
Verbraucherschutz Recht
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