Von verschiedenen Seiten wurde die Frage an mich herangetragen, was so ein Umbau kostet und woher man die Teile bekommen kann.
Vorab: wie jeder Kaufmann weiß, ist die Kostenseite unter Berücksichtigung der zu erwartenden Lebensdauer zu betrachten. Also wie viele Blei-Akkus muss ich austauschen, um die Lebensdauer der Lithium-Zellen zu erreichen?
Ich habe meine Planungsliste der Realität angepasst und diese auf das reduziert, was mit dem Umbau von Blei auf die Winston LYP400AHA-Zellen bei mir im RV notwendig war. Darin enthalten ist auch ein Batteriemonitor, welcher sehr empfehlenswert, aber nicht unbedingt notwendig wäre, denn die Aufgabe eines BMS übernehmen die LIPRO1-1 Balancer.
In der Liste nicht enthalten ist ein Strombegrenzungsmodul für die OVP + LVP Sicherungsschleifen, welches ich von einem Freund gebaut bekam und welches vermutlich nicht käuflich zu erwerben ist (wäre im Einzelfall abzuklären).
Aber Vorsicht ist geboten: diese Teile-Liste lässt sich nur bedingt auf andere Wohnmobile übertragen. Zu unterschiedlich sind die Elektroinstallationen der einzelnen Hersteller und Modelle.
Wenn es die Platzverhältnisse erlauben, ist es sicher nicht verkehrt, wenn man zwischen bestehender Bordelektrik und den Winston LYP400AHA-Zellen eine eigene Schalttafel verbaut, so ähnlich wie ich das gemacht habe.
Meine Schalttafel ist dabei etwas komplexer geraten, da ich mich nicht auf das unbedingt Notwendige beschränkte, sondern auch abgesicherte Stromanschlüsse für Verbraucher vorgesehen habe.
Wer hier Zeit und Geschick hat, kann sich Sammelschienen selber bauen, die deutlich kostengünstiger und platzsparender sind.
Solarladeregler und Netzladegerät MÜSSEN über die OVP-Schleife abzuschalten sein.
Ich habe zwischen PV-Modul und Solarladeregler ein SSR montiert (auf keinen Fall zwischen Laderegler und Akku!)
Beim Netzladegerät habe ich ein SSR in die Netzzuleitung verbaut (nicht zwischen Laderegler und Akku). Es gibt für den Zweck SSRs, welche mit Gleichstrom gesteuert werden und Wechselstrom schalten.
Bei mir waren die Ladekabel vom Solarladeregler und vom Netzladegerät neu zu verlegen, denn diese MÜSSEN jetzt zwischen den Winston LYP400AHA-Zellen und dem Trennschalter an einem Sammelpunkt angeschlossen werden – denn Laden sollte immer gehen, auch wenn die LVP-Sicherung alle Verbraucher (die ganze Bordelektrik) von den Winston LYP400AHA-Zellen getrennt hat.
Manche Verbraucher, in meinem Fall der Wechselrichter, waren direkt an den Blei-Akkus angeschlossen. Das sollte besser über einen Sammelpunkt auf der neuen Schalttafel gemacht werden, da die Akku-Anschlüsse neben Batteriekabel und LIPRO1-1 keinen weiteren Anschluss zulassen.
Der Mess-Shunt für den Batteriecomputer sollte direkt zwischen dem Minuspol der Winston LYP400AHA-Zellen und dem Minus-Sammelpunkt montiert werden. Nur so ist gewährleistet, dass der gesamte Verbrauch und Ladestrom darüber laufen (außer den 4 LIPRO1-1). Ein Shunt, der irgendwo in der vorhandenen Bordelektrik montiert ist, zeigt nicht mehr richtig an (= Ladeströme, da Solar und Netzladegerät anders angeschlossen werden müssen).
Der Batterie-Trennschalter, über die LVP-Sicherheitsschleife gesteuert, ist ein zentrales Bauteil der Anlage. Die Bordelektrik muss auf jeden Fall über den Trennschalter laufen und muss komplett durch den Trennschalter automatisch über die LVP-Schleife getrennt werden können. Hier darf nicht gemogelt werden, denn eine Tiefentladung reicht und die Zellen sind unwiderruflich defekt (bei Blei sind dafür meist mehrere Tiefentladungen nötig, bei Lithium reicht eine einzige). Meines Wissens gibt es bisher ausschließlich den Philippi Trennschalter (TSA 260-12V) zum Schalten von 260 A, welcher sich über SSRs steuern lässt.
Die Steuerung über LIPRO1-1 Sicherungsschleifen und SSR ist unbedingt notwendig, da hierbei die Spannung jeder einzelnen Zelle berücksichtigt wird. Eine andere Steuerung, z. B. über die Gesamtspannung, ist keinesfalls zielführend und hat zur Folge, dass trotzdem die eine oder andere Zelle in den tödlichen Bereich driftet, obwohl sich die Gesamtspannung noch wunderbar im grünen Bereich befindet.
Je Sicherheitsschleife (LVP + OVP) sollten max. drei SSRs angeschlossen werden.
Die Platinen der Lipro1-1 müssen sehr vorsichtig auf dem Plus-Pol montiert werden; sie dürfen keinerlei Berührungen und Spannungen ausgesetzt sein. Deshalb sind Messing- oder Kupfer-Beilagscheiben unbedingt erforderlich. Keine V2A-Schrauben und Scheiben verwenden, die elektrische Leitfähigkeit ist ganz schlecht!
Die LIPRO1-1 mit 0,5er bis 0,75er Kabel anschließen.
Alle Kabel, welche in Schraubquetschverbindungen gehen, mit Kabelendhülsen in geeigneter Größe mit spezieller Zange verpressen und diese dann verlöten.
Keine billigen SSRs verbauen (hoher Eigenverbrauch), schon gar keine mit LEDs drauf - das kostet in der Summe viel Strom. Crydoms sind zwar teuer, aber man bekommt erstklassige Qualität und ist damit auf der sicheren Seite.
Die Kühlkörper können problemlos etwas kleiner gewählt werden als ich das getan habe (die Größen der verbauten SSRs und die Schraubabstände sind immer gleich).
Es können die normalen, vorhandenen Solar- und Netzladegeräte verwendet werden. Temperatursensor ganz entfernen, und eine Einstellung wählen, die möglichst um 14 bis 14,4 V liegt, vermutlich GEL.
Je nach Akkugröße muss das Kabel der LIPRO1-1 zum Minuspol durch ein längeres ersetzt werden.
Die LIPRO1-1 sind für max. M10 Befestigungsschrauben gemacht. Deshalb empfehle ich, bei größeren Polschrauben der Akkus (in meinem Fall M14er) diese auf einer Drehbank aufzubohren und mit einem M8er Gewinde zu versehen (da findet sich bestimmt ein Maschinenbauer in der Nähe). Die LIPRO1-1 müssen unbedingt mit Messing oder Kupfer Beilagscheiben unterlegt werden, da sie sonst ungute Berührungen mit sehr breiten Polschrauben oder übrigen Akkuteilen bekommen können.
Der Zeitaufwand für so einen Umbau ist nicht zu unterschätzen und individuell sicher sehr unterschiedlich.
Ich musste mir erst monatelang das nötige Wissen aneignen, was sicher daran liegt, dass ich alles ganz genau geklärt haben will (weshalb ich dann auch keines der fertigen Systeme von Leab, Mastervolt, Transwatt usw. verbaute – die zudem auch zu raumgreifend sind und teilweise Ladegeräte und Wechselrichter aus dem eigenen Lieferprogramm verlangen = nochmals teurer) Hierbei gilt mein besonderer Dank dem Forumsmitglied Sonnentau.
Zu der Aufklärungszeit kommt die Planungsphase. Es ist ganz wichtig, sich einen Schaltplan zu machen, und wenn es nur eine Handskizze ist. Hierbei treten eigentlich immer klärungsbedürftige Punkte auf.
Und dann kann bestellt werden; die Vorarbeiten können anlaufen.
Höchstwahrscheinlich fehlen dann passende Ringkabelschuhe, Kupfer/Messingscheiben usw., die auch mit viel Rennerei vermutlich nicht vor Ort passend und in kleinen Mengen zu bekommen sind (svb oder ebay helfen hier schnell und zuverlässig, sparen Zeit und Ärger).
Nachdem im Vorfeld etliche Kabel bereits verlegt waren, die SSRs schon neben den Solarladereglern befestigt waren, die komplette Schalttafel und die Kiste für die Akkus fertig waren, konnte die eigentliche Umrüstung beginnen, sprich GEL raus und Winston-Zellen nebst Schalttafel rein. Da wir in unserem RV wohnen, sollte die Zeit ohne Strom möglichst kurz sein, von einem Tag träumte ich, es wurden jedoch 40 Arbeitsstunden an 2 sehr langen Tagen. Dank sorgfältiger Arbeit und min. dreimaliger Überprüfung aller Anschlüsse klappte dann auch alles auf Anhieb. Es ist ein äußerst spannender Moment, wenn am Ende das letzte Kabel (Massekabel) mit den Zellen verbunden wird. Ein kurzes Klacken vom Trennschalter und der Strom ist wieder da, und zwar mehr als je zuvor.
Wissenswertes oder Selbstverständliches:
Die Leitungen von den PV-Modulen dürfen erst mit dem Solar-Laderegler verbunden werden, nachdem dieser mit den Akkus über die Schalttafel verbunden ist! Der Anschluss sollte laut meiner Anleitung auch nur bei abgedeckten PV-Modulen geschehen – oder eben abends oder in einer Halle usw. Bei einer Trennung sollte natürlich in umgekehrter Reihenfolge verfahren werden, erst die PV-Module abhängen, dann die Winston-Zellen abklemmen.
Der Batteriecomputer sollte erst Strom bekommen, nachdem die Winston-Zellen angeklemmt sind, sprich die Sicherung des Batteriecomputers/Mess-Shunts erst nach Anschluss der Akkus einsetzen.
Bei der Höhe der Winston-Zellen sind durch die LIPRO1-1, deren Verkabelung und diverse Unterlagscheiben min. 5 cm hinzuzurechnen. Am besten gleich den Akkukasten entsprechend höher anfertigen, damit Anschlüsse und LIPO1-1 zuverlässig geschützt sind.
Winston-Zellen sind meines Wissens die einzigen Lithium-Zellen, welche auch bei bis zu 45 Minusgraden C noch geladen/entladen werden können. Somit eignen sie sich auch bestens zum Einbau in nicht beheizte Räumlichkeiten, und sie bereiten im Winterlager keine Probleme.
Für die Winston-Zellen sollte man im ungünstigsten Fall eine Lieferzeit von bis zu 3 Monaten einplanen. Mit etwas Glück sind sie auch sofort ab Lager zu bekommen.
Zum Schluss noch einige Voraussetzungen fürs selber machen:
• gutes Werkzeug, besonders zum Abisolieren und Verpressen, Lötkolben usw.
• gute Kenntnisse im Verpressen von Kabelschuhen; einfach quetschen reicht nicht, denn bereits ein herausgerutschtes Kabel könnte den schönsten Kabelbrand im Wohnmobil verursachen!!!
• Und deshalb sind auch gute Kenntnisse im Löten angebracht, jeden Kabelschuh und jede Rohrhülse nach dem Verpressen so verlöten, dass das Lötmaterial am anderen Ende der Hülse zu sehen ist. Wenn das nicht zu sehen ist, taugen der Lötkolben und/oder das Lötmaterial nichts.
• Diverses Hilfsgerät zum durchziehen von Kabeln ist notwendig, angefangen vom Kabeleinziehdraht aus Perlon, über dünne lange Bambusstöckchen bis hin zum schmalen Lochband kann man alles gebrauchen.
• Die dicken Kabel sollte man auf jeden Fall verpressen lassen, am besten in einer Fachwerkstatt hydraulisch; svb liefert sowas innerhalb weniger Tage frei Haus, der Bosch-Dienst ist Fehlanzeige, die LKW-Werkstatt hatte nur schraubbare Verbinder, die sich für den Einsatzzweck nicht eignen.
• gute Fertigkeit im Lesen von Schaltplänen und Verkabeln von Geräten usw. Ein falscher Anschluss oder Verpolung kann fatale Folgen haben!
• Erfahrung und sehr sorgfältiges Arbeiten, denn die Winston-Zellen können dauerhaft 3C abgeben, bei den 400ern wären das 1200 A kurzfristig sogar 8000 A - Das könnte dann evtl. der letzte Kontakt gewesen sein !!!!
• Ruhe, viel Ruhe und Gelassenheit, alles mehrfach überprüfen.
Verwendete Abkürzungen:
SSR = Solid State Relay
OVP = over voltage protection = Überspannungsschutz
LVP = low voltage protection = Unterspannungsschutz
RV = recreation vehicle = Freizeit- oder Reisemobil
PV = Photovoltaik (umgangssprachlich Solarmodul, was fachlich richtig gesehen aber ein Modul zur Wärmegewinnung wäre)
Und hier die Liste der von mir verbauten Teile:
Lieferangaben und vor allem Preise sind ohne Gewähr (Stand Mai-Juli 2012)
Interessant auch, die Ah-Angabe von Blei-Akkus ist nicht mit der von Lithium-Akkus vergleichbar.
Verglichen werden können eigentlich nur die Wh, welche bei lebensdauerschonender Entladung bis zur Restkapazität X entnommen werden können. Vorsicht mit Blei-Werbeschlagworten wie zyklenfest oder tiefentladungssicher, das geht ganz erheblich auf Kosten der Lebensdauer.
Um die Gewichtsersparnis errechnen zu können, wären zu den Winston-Zellen noch ca. 12 kg für Kiste, Schalttafel, SSRs und Kabel zu veranschlagen.
Bei mir sieht die Rechnung dann so aus: 148,8 - 57,2 – 12 = 79,3 kg Gewichtsersparnis bei min. 27 % mehr Wh, wobei in dem Vergleich die alten GELs mit einer Entladung bis auf eine fast schon zu tiefe Restkapazität von 40% angesetzt waren, und die Winston-Zellen mit einer Nutzung der möglichen Kapazität zu bescheidenen 75 %
Tabelle:
http://thumbs.picr.de/11513685wr.jpg
Sorry, wenn ich hier einiges an und für sich selbstverständliches erwähnt habe, aber es sollte auch für Nichtexperten verständlich sein.