Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

... eure Reiseberichte aus Norwegen
Antworten
Lira
Campomane ;)
Campomane ;)
Beiträge: 16533
Registriert: Do 19. Feb 2009, 10:39
Wohnmobil: grad keins
Campingart: Wohnmobil
Hat sich bedankt: 141 Mal
Danksagung erhalten: 1568 Mal

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von Lira »

Also weiter im Takt ...

Wir sind also in Nyksund und nicht bereit für Bacalao einen Haufen Geld loszuwerden. Was ist Bacalao?
Ein - wenn gut gemacht - sehr schmackhafter Fischeintopf aus Klippfisch oder Stockfisch.
Auf den Lofoten kam man schon sehr früh drauf, die Fische (vorrangig Dorsche, die im März und April in großen Scharen an den Lofoten vorbeiziehen) zu trocknen und somit zu konservieren und haltbar zu machen. Zunächst wurden (und werden heute noch immer, was die großen Trocknungsgestelle beweisen oder wenn man zwischen März und Juni dort ist auch sehen kann) die Fische geköpft, ausgenommen und zu zwei zusammengebunden und an Holzgestelle gehängt, später kam die Methode auf, daß man sie quasi aufklappte, mit Salz bestäubte und zum Trocknen auf die Klippen legte "Klippfisch" also. Der Adelige Piero Querini aus Italien machte sich mit 68 Mann Besatzung im Herbst 1431 auf den Weg nach Griechenland, segelte dann durchs Mittelmeer und durch Gibraltar hinaus, immer an der Festlands-Europa-Grenze nordöstlich, kam letztendlich vor Weihnachten vor Belgien in einen Riesensturm und fand sich im Januar 1432 mit nur noch 19 Mann Besatzung auf einer kleinen unbewohnten Lofoten-Insel südlich vor Røst wieder. Dort konnten sie mehrere Wochen überleben, waren jedoch schon dem Wahnsinn nahe, bis sie im Februar dann von einer Fischerflotte gefunden und aufgenommen und mit nach Røst genommen wurden. Dort wurden die Fremden áufgepäppelt und bekamen natürlich auch zu essen und zu trinken. Im Mai dann konnten sie mit einem Handelsschiff der deutschen Hanse, die damals schon Handel mit Norwegen trieb, nach Mitteleuropa und zurück in die italienische Heimat reisen. Im Gepäck hatte man auch Stockfisch und Piero Querini bekam als Held eine Audienz beim Papst. Diesem wurde Stockfisch mitgebracht und nach den Angaben des Querini zubereitet. Der Papst war so begeistert von diesem neuen Fischgericht, dass fortan der Stockfisch nach Italien von den fernen Lofoten aus importiert werden musste. Der Rest dürfte bekannt sein - 85% der lofotischen Stockfisch-Produktion geht - natürlich nach Italien und heisst heute "Stoccafisso". Diese Geschichte ist kein Märchen, sondern wirklich überlieferte Wahrheit. Auf der lofotischen Insel wurde dem Piero Querini ein Denkmal gesetzt, weil der somit massgeblich zur Blüte der Lofot-Fischerei beigetragen hatte. Ich erzähle diese Geschichte auch sehr gerne auf meinen Italien-Reisen, weil die Leute ja in Italien in manchen Regionen auf Schritt und Tritt mit "Stoccafisso" konfrontiert werden und nicht wissen, was das ist. Auch die Italiener, die wir auf den Lofoten getroffen und gesprochen haben ´- und das sind nicht wenige - sind auf der Suche nach dem Ursprung ihres Lieblingsgerichtes.
Der Stockfisch oder Klippfisch wird also mehrere Tage gewässert, Wasser muss immer gewechselt werden und kann dann, wieder zu neuem "Leben" erwacht und dick und fleischig und gut, weiterverarbeitet werden wie frischer Fisch.

Wir stehen aber im Hafen von Myre, weil wir in Nyksund nicht soviel für Essen bezahlen wollen und kochen uns was aus unseren Vorräten, als ein Gewitter niedergeht ...
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.


Lira
Campomane ;)
Campomane ;)
Beiträge: 16533
Registriert: Do 19. Feb 2009, 10:39
Wohnmobil: grad keins
Campingart: Wohnmobil
Hat sich bedankt: 141 Mal
Danksagung erhalten: 1568 Mal

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von Lira »

Überhaupt sah das Wetter an diesem Tag gar nicht gut aus. Wir sind durch wirklich grandiose Landschaften gefahren, aber die Wolken hingen derartig dick herunter - grauenvoll. Wir brauchen dann auch einen Übernachtungsplatz und fahren eben wegen dieser tollen Landschaft an das nordwestliche Ende von Langøya nach Hovden. Dort machen wir uns auf die Suche, haben aber das "Schulz-"Buch nicht dabei. Tatsächlich sehen wir einen deutschen Ritsch-Ratsch oberhalb einer Traum-Bucht in Traum-Lage stehen, die Leute bereiten eben ihr Abendessen und vermelden, auf der Mole wären auch schöne Plätze, da seien sie die Nacht vorher gestanden. Wir bedanken uns artig für diese Auskunft, mit der wir aber gar nichts anfangen können und registrieren nur "Mole", fahren weiter. Ein Italiener baut sich noch unterhalb auf, daneben wäre auch noch Platz, nein, das gefällt uns nicht, wir wollen Platz mit Aussicht. Bei einer Boots-Anlegestelle neben einer Menge Trocknungsgestelle könnten wir gut stehen, aber wir wollen doch "Mole" suchen und ausprobieren. Mittlerweile kurvt ein österreichisches, Bregenzer, Wohnmobil herum und es gilt offenbar, den besten Platz zuerst zu ergattern. Wir finden also die Zufahrt zur Mole und dort ein wirklich tolles Plätzchen mit Aussicht auch auf Mitternachtssonne, wenns denn eine gibt - und am Ende der Mole ist ein relativ großer Platz, windgeschützt durch Klippen, wo bestimmt 3 Wohnmobile hinpassen. Die Vorarlberger sind eben an der Anlegestelle, an der wir auch schon waren und sehen uns auf der Mole stehen und Stühle aufbauen. Wenige Minuten später stehen sie zögerlich am Anfang der Mole, ich winke ihnen, sie sollen kommen und fahren auch gleich los. Als sie bei uns vorbeikommen, raten wir ihnen zu dem Platz am Ende der Mole. Den nehmen sie auch. Am Abend, als wir noch ein wenig über die Steine kraxeln, bedanken sie sich und sind von ihrem Stellplatz total begeistert. Sie hätten den "Schulz-" Band dabei und da stünde auch was drin über Hovden und deshalb seien sie da. Aha, der Schulz schon wieder. Daher die hohe Wohnmobil-Dichte ...
Der Abend wird noch richtig schön lau und es gibt auch Mitternachtssonne, die wir nachts um eins natürlich nicht mehr mitbekommen.
IMG_3448Hovden, Stellplätze auf der Mole - derzeit leer.jpg
IMG_3443Kunst bei Hovden.jpg
Am nächsten Morgen ist es zunächst noch schön, aber dann stürzt das Wetter ab. Es wird kalt, regnerisch und wahnsinnig windig. Wir fahren noch in Nykvaag vorbei und verlassen bald die Vesteraalen ...
IMG_3456Möwenfelsen.jpg
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.


Germany
Mobi-Driver
Campomane ;)
Campomane ;)
Beiträge: 5961
Registriert: So 10. Mai 2009, 09:21
Wohnmobil: Concorde 🚐
Campingart: Wohnmobil
Hat sich bedankt: 671 Mal
Danksagung erhalten: 982 Mal
Kontaktdaten:

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von Mobi-Driver »

Mensch Lira, Du gibst Dir aber richtig viel Mühe mit Deinem Bericht .
Meine Hochachtung für die Ausführlichkeit und Hut ab . ;)
Ich habe mein Reisebericht "etwas" kürzer gehalten . Reines Zeitproblem bei mir .

Freue mich auf die nächsten Beschreibungen und Fotos ! :mrgreen:


Netherlands
Kerli
Campomane ;)
Campomane ;)
Beiträge: 10561
Registriert: Mo 7. Jul 2008, 23:07
Wohnmobil: Frankia I 730 BD
Campingart: Wohnmobil
Danksagung erhalten: 734 Mal

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von Kerli »

Moin Moin Lira,
8-)

wie von dir gewöhnt, klasse Reisebericht mit super-tollen Fotos :!:
(.......hatte mir alles schon 2 x durchgelesen und gierig angeschaut )

Möchte auch sehr gerne mit dem Womo mal nach Norwegen......doch bei unseren
gemeinsamen Touren-Planungen, nennt Lia jedesmal grob 20 "Lieblings-Reiseziele"
in Europa............nur leider nie Norwegen
;) :cry:

Na ja, ich hab ja immer deine schönen Reiseberichte als "Trostpflaster"
:mrgreen:

Hoffentlich haste noch mehr tolle "Schnappschüsse" zur Hand........

Friesische Küstengrüße.......auch an Andreas natürlich

Kerli und Lia
:cool1


joxy

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von joxy »

Nachdem ich deine Beiträge jeden Tag nur lesen konnte , weil mein Aldi Stick die Datenmenge einfach nicht schaffte auch noch Bilder zu liefern würde ich jetzt den Hut ziehen vor Dir, wenn ich denn einen auf hätte.....- :lach1
Obwohl , mit grosser Wahrscheinlichkeit vor Jahrhunderten mal fränkischen Ursprungs......so quasi als Ur -Franke verneige ich mich vor Dir.....

mach weiter so .....


Europa
womonauten
Campomane ;)
Campomane ;)
Beiträge: 2045
Registriert: Mo 6. Okt 2008, 13:08
Wohnmobil: Hymer ML-T 570
Campingart: Wohnmobil
Danksagung erhalten: 4 Mal

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von womonauten »

Hi Lira,

Deine Reiseberichte sind einfach klasse. Die atemberaubende Landschaft, in Verbindung mit der nötigen Portion NOKs und den plagenden Knotts, das ist bei mir erstmal hängengeblieben. ;)

Nee, also, Norwegen steht bei uns auch nicht gaaanz oben auf unserer Reisewunschliste mit dem Womo, aber Deinen Bericht genieße ich trotzdem sehr. :)

Gruß
David


erik m
Regelmässiger Camper
Regelmässiger Camper
Beiträge: 199
Registriert: Do 26. Nov 2009, 21:07
Wohnmobil: Selbstausgebaute Peugot Boxer

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von erik m »

Danke Lira, für deine interessante und sehr ehrlicher reiseberichte, und ebenso sehr schöne bilder.
Aaaber, darf Ich etwas erklären? Ja, die preise in Norwegen sind nicht sehr gemütlich. Und über die letzte paar Jahren hat einige ausländische ketten mit strassenkafeen sich in Norwegen neuetabliert, und haben die preisen noch verhöhert, wie die Schweizische Marchê. Sie haben gedacht; die preise sind ja schon so stark, wir geben die noch eine umdrehung. Und die lokale chefs haben keine einfluss. Ich bin aber, auch in Deutschland, ein bisschen erstaunt über die Marchê-preise von freschgepressten juice.
Und die strassen. Unterschied zwischen Alpen und Nord-Norwegen ist, das die "Tele" (einfrieren) in die erste gehen 20-30 cm tief in winter, in die letzte 1-2 meter, also gut unter den fundamentierung. Und den fundament ist konstruiert bei ingenioren mit erfahrungen von Deutschland in die 30'er.... Und die strassenstrecke von Polar-cirkel bis Nordkap ist etwas 1000km (nicht genau, nur ungefähr!) Dazu alle nebenstrassen, und: man hat nur meistens zwei monaten um zu reparieren.
Aber bitte Lira, wiederholen! Sehr interessant für uns Norweger, wie die Deutschen unser land erleben!

(Wer fehler findet, dürfen sie behalten.)


Lira
Campomane ;)
Campomane ;)
Beiträge: 16533
Registriert: Do 19. Feb 2009, 10:39
Wohnmobil: grad keins
Campingart: Wohnmobil
Hat sich bedankt: 141 Mal
Danksagung erhalten: 1568 Mal

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von Lira »

Ich danke euch herzlich für eure so positiven Kommentare. Naja - ich habe halt mein Hobby - Verreisen - zum Beruf gemacht. Und der gefällt mir halt sehr gut - und ich glaube, so ganz schlecht bin ich darin auch nicht - als Reisebegleiterin ...

Erik - das mit den Strassen - ist ein seltsames Thema. Ich weiss ja auch nicht, aber mir kommt es immer so vor, als wenn norwegische Straßenbaustellen ganz anders aussehen als andere europäische. Die nehmen schon einen ganz anderen Unterbau. Lauter gemischtes Zeug von Riesenbrocken bis Kleinsplitt und darauf wird dann Asphalt geschmiert. Die Seiten werden nicht richtig saubergemacht und oft sieht eine neue Straße aus, als sei die Baustelle nicht aufgeräumt. Begrenzungspfosten fehlen zumeist völlig, ebenso oft Markierungen. Ob das alles mit Frost zu tun hat? Ich weiss es halt auch nicht ...
Das musst Du schon auch aushalten, dass ich auch kritisch berichte und meine ehrliche Meinung schreibe, was ich in einem Urlaubsland erlebe.
Die meisten sind ja von norwegischen Landschaften "hin und weg" und sehen nichts anderes mehr.
Da muss ich mich wirklich fragen - ja, waren die denn noch nirgendwo anders? Haben die noch keine Landschaften gesehen?
Wir sind auch gefragt worden, was suchen die Deutschen eigentlich in Norwegen? Ja - WAS ist es denn?
Ist es das, dass die Berge ins Meer stürzen (gibts in Italien oder Frankreich oder sonstwo auch, vielleicht nicht ganz so hoch, stimmt!)
Oder ist es die spärliche Besiedlung? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus alledem.
Mir gefallen die norwegischen Landschaften auch sehr - aber auch andere. Im Moment geniesse ich Österreich!!


Lira
Campomane ;)
Campomane ;)
Beiträge: 16533
Registriert: Do 19. Feb 2009, 10:39
Wohnmobil: grad keins
Campingart: Wohnmobil
Hat sich bedankt: 141 Mal
Danksagung erhalten: 1568 Mal

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von Lira »

Wir haben also via Fähre die Inselgruppe der Vesteraalen verlassen und sind auf die Lofoten gefahren. Vorher haben wir noch alle möglichen Gegenden abgeklappert, herrliche Berggestalten gesehen (wie die Reka), aber leider war das Wetter ja so schlecht, dass ich auch sowas von verhärmt war und den Fotoapparat gar nicht angeworfen habe. Dann haben wir noch eine Nacht bei Stokmarknes verbracht, sind erst noch rumgegondelt, bis wir dann doch den Platz neben der Brücke genommen haben, der auch in der Nacht ziemlich ruhig wird.

Auf den Lofoten angekommen sind wir dann doch wieder auf Vesteraalen-Gelände gekommen, indem wir den Raftsund bis Digermulen und bis ganz runter gefahren sind. Nach längerem Hin und Her sind wir dann einfach an der Straße stehengeblieben. Das Wetter hatte sich leicht gebessert und wir haben sogar draussen gegrillt. Aber dann wurde es schlagartig kalt und wir sind ins Wohnmobil geflüchtet und haben dort drin den Abend verbracht. Am nächsten Morgen war es - wie der Wetterbericht vermeldet hatte - wieder schön. Also - auf nach Digermulen. Wir begeben uns auf die Spuren des deutschen Kaisers Wilhelm II. Als erstes fällt uns die eigenartige Kirche auf, die aussieht wie der Helm des Deutschen Kaisers selber. Leider war sie verschlossen, so dass wir nicht hinein konnten.
IMG_3477Kaiser Wilhelm II war schon da - Kirche Digermulen.jpg
Dann noch bissi hier und da rumgeschnüffelt und dann endlich den Digermulkollen bestiegen. In einer Stunde ist man da oben und hat eine weite Sicht.
IMG_3480Unser Ziel - Digermulkollen.jpg
IMG_3485Blick vom Digermulkollen in den Raftsund.jpg
IMG_3490Kaiser Wilhelm II - Gedenkstein.jpg
Dann blieb mir fast vor Freude das Herz stehen - wir haben meinen Freund, den Stetind, in der Ferne gesehen, jenen ganz eindrücklichen Berg, den wir auf der Fahrt herauf gar nicht sehen konnten vor lauter dunkler tiefhängender Wolken. Mit sowas kann man mich irre glücklich machen, ich war entzückt. Auf meinen Bildern kommt der nicht so gut raus, mein Schatzi, der Profi-Fotograf hat das natürlich besser ...

Nach der Wanderung wären wir gerne noch auf ein Bier oder so eingekehrt - aber es gab ja nichts. Es ist halt leider immer das gleiche. Es gibt halt einfach nichts - höchstens irgendwo den Kaffee, der schon Stunden in der Thermoskanne zugebracht hat und Gummi-Waffeln, die aufgeschichtet unter einer Plastikabdeckung liegen. Für eine, die schöne Hütten-Einkehren liebt, ein hartes Los!
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.


lele

Re: Sommer 2010 Lofoten - oder doch grüner Winter?

Beitrag von lele »

hi isa,
danke vielmals für deinen reisebericht.
ich lebe/fahre richtig mit


Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Norwegen“